GARDEN OF EARTHLY DELIGHTS (SERIE)   2010-2014
Text zur Werkserie von Eva Schickler

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Urban Hüters Werkserie
Garden of Earthly Delights


Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Steuert die menschliche Zivilisation auf ihr Ende zu? Mit seinen faszinierenden Skulpturen aus der Werkserie Garden of Earthly Delights, die seit 2010 entsteht, greift der deutsche Bildhauer Urban existentielle Fragen der Menschheit auf und lädt uns zur Auseinandersetzung ein. Der archimedische Punkt von dem Hüter ausgeht ist das Phänomen industrieller Massenproduktion. In seiner interdisziplinären, künstlerischen Arbeit bewegt er sich dabei im Spannungsfeld von Natur, Wissenschaft, Kunst, Design und Industrie. So öffnet er vielschichtige, ambivalente Assoziationsräume, die nicht weniger als den zeitlichen Horizont vom Ursprung der Weltschöpfung bis zur potentiellen globalen ökologischen Katastrophe berühren.

Es sind ausschließlich industrielle, also menschengemachte Materialien und Produkte, die Hüter in seinen erfindungsreichen, fantasievollen Skulpturen und Objekten verwendet. Sein primärer Bezugsrahmen ist laut Kunsthistorikerin Adrienne Braun das Anthropozän, ein Begriff für ein neues Erdzeitalter, der „ ... verdeutlicht, dass wir in dem vom Menschen dominierten Zeitalter leben, und impliziert, dass wir Menschen dabei sind, unseren Heimatplaneten zu zerstören.“¹

Die rasant zunehmende Weltbevölkerung ist mittlerweile der wesentliche Einflussfaktor auf die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf das System Erde.²

Hüter bevorzugt bewusst Werkstoffe wie Kunststoff, Gummi, Aluminium oder Pressspan. Er bearbeitet, montiert und verschraubt Kanister, Kühler, Kurbelwellen und Kabel ebenso wie Designprodukte oder Kunststofftiere zu neuen, sinnlichen dreidimensionalen Skulpturen; er transformiert Brauseköpfe, Gießkannen, Trichter, Rohre und Schläuche zu kühnen Gebilden, die an Mikroben aus der Urzeit oder Quallen im Meer denken lassen. So mutieren ausgediente Alltagsgegenstände und Materialien durch die künstlerische Intervention als Jellyfish und Mimikry zu neuen künstlichen „Lebensformen“, die mit poetischem Zauber – oder auch als Technik-Monster ihre utopische Wiederauferstehung am Abgrund einer apokalyptischen Zukunft zelebrieren – je nach Vorstellung der jeweiligen Rezipienten.³

Den schönen Schein liegt so stets die Sensibilisierung für ambivalente Auswirkungen im Umgang mit den Ressourcen unseres Planeten zugrunde. Zugleich beschwören die von Naturformen und amorphen Organismen inspirierten Plastiken auch die Mythen früherer Zeiten herauf. In Werken wie Iconoclast und Loveboat verleiht Hüter seinen erfindungsreichen, raumgreifenden Gebilden die Strahlkraft von Andachtsbildern. Und nicht zuletzt schlägt er mit dem werkübergreifenden Titel Garden of Earthly Delights eine gedankliche Brücke zur Kunstgeschichte und dem Triptychon Garten der Lüste von Hieronymus Bosch. Das in der Sammlung des Prado-Museums in Madrid aufbewahrte Gemälde zieht vor allem durch seinen Formenreichtum an rätselhaften Fabelwesen, allerlei Chimären, dämonischen Figuren sowie grüne, blaue und rötliche Pastelltöne in den Bann. Ein ähnlicher Farbklang, der die Idee des „Künstlichen“ betont ist auch bei Hüter zu finden. Hier liegt beispielsweise eine beleuchtete bläuliche Christusikone auf einem rosafarbenen Barbieboot. Und wie in Boschs Gemälde entziehen sich auch Hüters Skulpturen einer eindeutigen, endgültigen Deutung.


Eva Schickler

 

 



¹ Adrienne Braun: Urban Hüter, Redetext zur Ausstellung Break the Rules, Galerie ABTART Stuttgart, 2018
² Vgl.: Wikipedia
³ Vgl.: Ausstellung Urban Hüter – ANTHROPOGENIC, Galerie Michael Schultz Berlin, 2014

Text zur Werkserie "Garden of Earthly Delights" von Eva Schickler

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